Blitzeinschläge im Kirchturm

In den Analen der Stadt Süchteln werden 5 Blitzeinschläge in den spätgotischen Glockenturm der Pfarrkirche St. Clemens ausdrücklich erwähnt. Von diesen sei hier berichtet:

 

1756
In den ersten Tagen des Monats August schlug der Blitz in den Turm unserer Pfarrkirche. Abergläubische Gemüter sahen hierin ein Zeichen des Himmels, das den Beginn einer schweren Zeit ankündigte. Und in der Tat, noch in demselben Monat rückte der Preußenkönig Friedrich II. in Sachsen ein und löste dadurch den Siebenjährigen Krieg aus.

 

1817
Am 16. Februar, am Fastnachtssonntag zwischen 3 und 4 Uhr in der Nacht, schreckte ein fürchterliches Gewitter alle aus dem Schlafe auf. Ein Blitzstrahl fuhr in den Turm unserer Pfarrkirche und drang in das Innere hinein, „wodurch die Kerze beim Bilde des heiligen Johannes Nepomuk, das neben dem hohen Altar stehet, wunderlicherweise ist angezündet worden.“

 

1836
Am 5. Juni, während des sonntäglichen Hochamtes, als der Kaplan Heinrich Gerhard Schmitz, ein geborener Süchtelner, am Altare stand und das Stillgebet für die Verstorbenen verrichtete, wurde der Turm von einem Blitzstrahl getroffen, der von dort aus durch das Fenster rechts am Chore in die Kirche drang, den Altar hinabglitt und sich mit einem gewaltigen Knall entlud, wodurch er die auf dem Altartisch liegende Patene ( Teller zur Darreichung der Hostie ) an zwei entgegengesetzten Stellen des Randes anschmolz. Der Priester wurde in Rauch und Schwefeldampf gehüllt und die Menge der Gläubigen in einen heftigen Schrecken versetzt, aber niemand erlitt einen Schaden. Lange noch hat man die damals gebrauchte Patene, die deutlich die Spuren des Blitzschlages zeigte, in der Sakristei aufbewahrt.

 

1852
Am 18. August, gegen 6 Uhr abends, schlug der Blitz mit entsetzlichem Gekrache in den Kirchturm, kurz unter den Pinienapfel. Der Strahl fuhr den Turm hinunter, drang durch den Haupteingang, indem er das Mauerwerk vielfach zerklüftete, in die Kirche und suchte sich hinter dem Hochaltar einen Ausweg. Die Bevölkerung war in der größten Bestürzung. Löschgeräte waren schnell zur Hand, konnten jedoch der gewaltigen Höhe wegen nichts ausrichten. Der Dachdecker Wilhelm Birker stieg mit Unterstützung seines Bruders Tillmann außerhalb des Turmes bis in die Nähe des Pinienapfels empor und schlug mit einem Beile die brennende Stelle ab, so daß die Funken auf die Straße fielen. Die Gebrüder Birker erhielten von der Gemeinde ein Ehrengeschenk von 20 Talern, von der Münchener Feuerversicherungs-Gesellschaft eine Belohnung von 25 Talern und vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. die Rettungsmedaille.

 

1862
Der 20. Dezember war ein kalter Wintertag. Niemand hätte ahnen können, daß sich an diesem Tage ein Gewitter bilden würde. Und doch, frühmorgens gegen 7 Uhr kamen vom Bruch her dunkle Wolken gezogen. Sie schienen sich mit ehernen Fäusten an den Turm zu klammern. Da plötzlich ein Blitzstrahl, begleitet von einem gewaltigen Donnerschlag. Der ganze Turm bebte. Dann wieder ein Blitz, und eine blaugelbe Flamme zischte zum Dache hinaus. Wetter und Wolken waren alsbald zerstoben. Es folgte kein weiterer Blitz, doch die verderblichen Flammen hoch oben am Turm loderten schrecklich empor. Bald war der Platz vor dem Gotteshaus mit hundert und mehr Menschen angefüllt. Ängstlichen Herzens blickte man in die Höhe. Erst vier Jahre vorher war die Kirche neu erbaut worden. Viele Opfer hatte es gekostet, und nun schien alles rettungslos verloren zu sein. Aber nicht allen schwand die Hoffnung. Die sattsam gefeierten Gebrüder Birker sowie Brünen, Bastians, Gast, Busch, Blosfeld und Dickmanns waren die Mutigen, die mit Eimern, Beilen und Picken die Turmtreppen hinaufstürmten. Sollten aber die Rettungsarbeiten überhaupt möglich werden, so mußte zunächst das Kreuz von der Spitze entfernt werden, oder alle standen in der Gefahr, beim Zusammenbruch der brennenden Balken von dem nachstürzenden eisernen Kreuz erschlagen zu werden. Weil dicht bei der Kirche noch mehrere Häuser standen, wollte man sich bestreben, das Kreuz in den Kirchgarten vor den südlichen Eingang fallen zu lassen. Die Zuschauer hörten deutlich, wie droben geklopft und gehämmert wurde. Langsam neigte sich das Kreuz auf die Seite, dann gab’s ein Krachen, und das Kreuz stürzte an der rechten Seite des Turmes hinunter, durchschlug aber das Kirchendach. Jetzt konnte man, da eine große Gefahr beseitigt war, dem Feuer kräftig zusetzen; aber es war eine harte Arbeit. Die Luft im Turme war erstickend heiß, die Kleider versengten, und wenn man sich festhalten wollte, gab es Brandblasen. Das flüssig gewordene Blei tropfte herab, durchlöcherte Rock und Wams, und manche schmerzende Wunde blieb. Wohl splitterten die Balken unter den wuchtigen Beilhieben, flogen die Schiefer berstend auf die Straße, doch war das Feuer mühsam an einer Stelle erstickt worden, so fachte es der Wind an der anderen wieder an. Schließlich kam man auf den Gedanken, nicht mehr in das Feuer zu schlagen, sondern unterhalb desselben das Dach aufzuspleißen. Tatsächlich trieb der Wind die Flammen nach oben, nach und nach wurde das Feuer kleiner, bald flammte es hier, bald dort nur noch auf, dann erlosch es ganz. Ein halbes Dutzend verkohlter Balken reckten sich in den grauen Wintertag hinein, als die Glocken einige Tage später zum Weihnachtshochamt riefen.

Der brennende Kirchturm von St. Clemens nach dem Blitzeinschlag 1852. Das Gemälde des Süchtelner Malers Conrad Schmitz befindet sich im Heimatmuseum Süchteln. Bei genauer Betrachtung erkennt man außen an der Kirchturmspitze die Brüder Wilhelm und Tillmann Birker. Wilhelm mit Beil am Pinienapfel und Tillmann gegenüber dem Feuer aufwärtskletternd.

De Thurenbronk

Morges frög öm halver Siefen,
An ’nen koae Wenkterdag,
Koem et päekschwoart angedriefen
Uever’t Brook on’t ödsche Haag;
Oem de Kirkthur heng sich schwoar
En gewaldge Hummelschoor,
Wolk an Wolk, on Jeder deit
Dat se g’weß niks Goes breit.

 Et died ooch net lang mier fackeln –
Krak – doa goav et ene Schlag,
Dat de Kirkemuren wakeln,
Als wie an de jöngsten Dag.
Medsen en den Thur et troof,
Ene mächtgen Barscht et goav,
On dann koam’t en tweide Kier,
Boaven drob, on denn niks mier.

 Storm on Wolken send verfloagen,
Van de Schoor niks mier te siehn;
On de Sonn stieht kloar doa boven,
Mar et Onglöck woar geschien.
Ut den Oappel, ut de Spetz
Spöt et Für, wie puren Bletz,
On doatöschen, Gottserbärm,
Schreit de goanze Doale-schwärm.

 On et Volk sprengt ut de DĂĽhren
Op de Stroat, on lut on sĂĽht,
Wie et wie van Märtesfüren
Glöig üver de Friedhof flüht,
Alles löpt on hoalt Beschied,
Fritzen ooch de örschte Spüht,
On verstängig eiterhär
Arriviert de Feuerwehr.

 Birken Telmen on sie Broer,
Brunen Hendrek, Bastians,
Johann Gast, huech wie en Moer,
Däcker Blosfeld on Dickmanns.
Möt de Spetzhock en de Boank,
Wateremmer en de Hoank,
On de Broankkapp op de Kopp,
Geng et marsch de Tropp erop.

 On den oaen Busch sät: „Jongen,
Ongemäklich steht et Krüz,
On dat KrĂĽz, dat mot eronger,
Af et fällt os op den Diz.
Mar dat ich et net vergät,
Dat ich öt möt den Zollstaf mät,
Et mot fallen kreck on grad
Op den Tömp van’t Dühregaht.“

 â€ž – Drut de Bolten und de Nägel!
- Nou den isern Boank dervan!
- Nou gepängt möt Biel on Schlägel!
On – nou set de Schauern dran!“
Krak – doa hov et sich em Ort,
Krak – doa schoat et üver Bord,
Krak – doa loag et akurat
Op den Tömp van’t Dühregat!

 Als dat Werk se nu vollfĂĽhrten,
Rechtig, wie et sich gebĂĽrt,
Grad, als hei de Kwalifizirten
Selver et eraf spedirt,
Geng et en Hurra on Galopp
Wier de höchste Lädder op,
On nou för en tweide Kier,
Attakerten sö et Für.

 Et göft mänche „knäbgen Thuren“
Töschen Maas on töschen Rhin,
Mar esu ’ne wärmen Thuren
Hatten se nömmer noch gesiehn.
Ruet wie FĂĽr woar Huht on Hoar,
Wo men fölt, doa göft’t en Bloar,
Glöig Blei fällt rom on tom
Op, wä op den Thuren klomm. –

 On wie ooch de Fonken stoaven,
Busch stong ihrlich medsen dren
Leien on Bolken kraken boaven.
Dat woar reit noa sine Senn:
„Jongen“, reep hä, „dat giet goet,
Dran on drop möt fresche Moht,
On wenn ooch den Dum verschröt,
Van et Löschen loate wer net!“

 En sin Kamer, half gebroaken,
Soat enen oae Veteran,
Gerhard Birker, stief von Knoken
Voll van Gecht on PĂĽetschen dran.
Mar so’nen oae Moan wet mier
Als ’ne jongen Hanselir;
On hä schecket ’nen Expreß –
Wat dä brengt, dat bat geweß.

„Kenger haut“, so let hä wieten,
„Net en’t Für, mar onger et,
Wörd dat Dak so opgesplieten
Drift de Wenk noa boaven et!“
Kloam geseit, doa geng et dran,
Leien flegen, Spien on Span,
On de Flamm brennt dur de Tut
Wie ä Strickspiendösken ut.

 Onge stiepen mänche Hongert
Nas on Oag noat Firmament,
On se soagen hiel verwongert,
Wie de Dakstohl net mier brennt.
Ongebroken, däftig stong
Noch dä hemmelhueche Jong,
On se soagen durch de RĂĽk
Oem fält gar nichts als sin Hüek.

 De Gesellschap, die den Thuren
All sönk Joaren assekurert,
Koamen, als sö et erfuhren,
Möt de Schnellzug ankutschert.
Den Inspektor gloet, hä mös
Schäbig toasten en sin Böhs,
Stong on kiek, on schloog am Aeng
Gruet verwongert en sin Häng:

 â€žDonner!“ sät hä, „manch GemĂĽer
Soeg ich en de Gronk verbrennt,
Mar teen Meter on net wier
Hab ich nömmer noch gekennt.
Wä sue Wongerwerk vollführt,
Dem än ihrlich Loav gebürt,
Aaf den Hoet vör so’n Maneer
On vör de söitelsche Feuerwehr!“

Nou ör fresche söitelsche Jongen,
HĂĽrt mi Leedchen wacker an;
Wat den Oan ös gelungen,
Dat brängt ör ooch op de Bahn. –
De Parol ös: „Net verzaag!
Pockt et Für grad möt de Krag,
On wenn ooch den Dumm verschröt,
Van et Löschen loate wör net!“
 

 (  In Söitelsch Plott von Richard Freudenberg 1862 )

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